Kleines Plädoyer für das Lernen: im Mittelpunkt steht der Mensch

Das Lernen verändert sich durch die digitale Transformation rasant und auf ganz verschiedenen Ebenen:

  • medial: wir nutzen analoge und digitale Formate
  • didaktisch und methodisch: wir lernen „anders“ – kürzer, schneller und vielfältiger
  • gesellschaftlich: wir wissen alle, wie wichtig lebenslanges Lernen ist

Lernen ist gerade in unserer Vuca-Welt, die geprägt ist von volatilen Entwicklungen, Unsicherheiten, Komplexität und Mehrdeutigkeit, eine wichtige Voraussetzung. Es ist sozusagen die Eintrittskarten in die Arbeitswelt von morgen. Trotzdem haftet dem Wort „Lernen“ ein negativer Beigeschmack an.

Was bedeutet das Lernen für uns?

Von der Personalentwicklung zu Learning and Development – Unternehmen und ihre Human Resources Experten lassen sich zurzeit viel einfallen, um Mitarbeitern das Lernen wieder schmackhaft zu machen. Aber warum erzeugt schon das Wort an sich eine Art Abwehrhaltung?

 

Ich habe einmal ein paar meiner Kunden und Freunde nach ihren Lernerinnerungen gefragt. Den meisten fiel ziemlich schnell die Klausur im Studium ein, die sie in den Sand gesetzt haben. Oder die missglückte mündliche Abiprüfung. Ganz wenige erinnern sich an den interessanten Deutschlehrer, der Wilhelm Busch lebensnah zitieren konnte. Manche nennen noch ihr Lieblingsfach – viele aber auch das Fach, das sie gar nicht mochten. Aber immer sind es Beispiele aus der Schule oder Universität, in denen formal gelernt wurde. 

Von der Pflicht zur Kür: Neugier und Spaß als echte Lernbooster

Gerald Hüther einer der bekanntesten deutschen Neurobiologen und Autoren hat viele Publikationen und Vorträge zum Thema Lernen veröffentlicht. In einem seiner Vorträge hat er sinngemäß die These aufgestellt, dass wir im Laufe unserer Sozialisation verlernen zu lernen. Gerade weil wir lernen müssen, verlernen wir, worauf es eigentlich ankommt: Neugier, Spaß und Freude.

 

Vielleicht ist es dieser Zwang lernen zu müssen, der es uns auch als Erwachsene so schwer macht, uns beruflich mit neuen Inhalten auseinanderzusetzen. Denn alles, was wir tun müssen, ist lästige Pflicht. In Deutschland haben wir ja auch so etwas wie die Schulpflicht und Wahlpflichtfächer im Abi und im Studium. Wäre es nicht schöner von der Bildungschance und den Wahlfächern zu sprechen?

Wie lernen wir wirklich für unseren Job?

Die nackte Wahrheit des Lernens im Unternehmen sieht so aus:

  • 70 % der erforderlichen Skills und Kompetenzen lernen wir im täglichen Tun und on-the-job.
  • 20 % schauen wir uns bei Kollegen und im näheren Umfeld am Arbeitsplatz ab.
  • nur 10 % der erforderlichen Kenntnisse für unseren Job lernen wir dem klassischen Lernkonzept entsprechend durch formales Lernen

Also verabschieden wir uns besser vom Gedanken, dass das Lernen nur im formalen Rahmen stattfindet. Wir lernen alle jeden Tag und fast nebenbei. Wir lernen Neues ohne zusätzlichen Zeitaufwand und Anreisekosten kennen. Diese Chancen eröffnet uns der digitale Wandel.

 

Daher müssen wir eigentlich nur unseren Blick auf das Thema Lernen erweitern und andere Bereiche einbeziehen, was in vielen Unternehmen unter dem Begriff „Blended Learning“ schon gemacht wird. Allgemein wird es definiert als integriertes Lernen, bei dem sich Präsenzlernen und digitale Lernangebote ergänzen. Wenn wir dieses Denken bewußt in die Lernkonzepte von Unternehmen einbeziehen und weiter ausbauen, haben wir schon einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Denn Lernen muss sich an den Menschen und ihrem Bedarf orientieren. Und Lernen darf Spaß machen!

 

Wenn ich drei Wünsche für unsere Zukunft des Lernens frei hätte, würde ich mir wünschen,

 

  • dass wir alle gemeinsam auf eine spannende Reise in die neue Arbeitswelt gehen können. 
  • dass wir immer neugierig bleiben und
  • dass wir das Lernen als Chance und Erfolg sehen.