Eine neue Kategorie von Kollegialität: Wie digitale Kommunikationsformen Nähe schaffen können

Im Moment wird auf allen Ebenen viel von uns allen verlangt. Die Gesellschaft insgesamt, Unternehmen und Organisationen bis hin zu jedem einzelnen unterliegen massiven Einschränkungen, denn wir erleben gerade eine echte Krisenzeit. Die Einschränkungen des sozialen Lebens betreffen fast alle Lebensbereiche. Eigentlich läuft nichts mehr wie vorher.

 

#WirbleibenzuHause und #SocialDistancing sind die gängigen Hashtags in den Sozialen Netzwerken. Damit wird es plötzlich sozial, ohne Kontakt zu anderen Kollegen im Home-Office zu arbeiten, im Supermarkt strikt auf 2 m Distanz zu anderen Kunden zu achten und beim immerhin noch erlaubten Spaziergang die Straßenseite zu wechseln, wenn eine Familie mit Kinderwagen auf dem Gehweg entgegenkommt. Aus Rücksichtnahme auf mögliche Ansteckungsgefahren heißt es Abstand halten. Wo bleibt in diesem Klima eigentlich die soziale Nähe, die wir sonst spüren? Wo bleibt der soziale Austausch, der uns als Menschen und soziale Wesen doch ausmacht?

Beeindruckt bin ich nachhaltig davon, dass viele Menschen, Teams und Unternehmen aus dieser Not eine Tugend machen. Es entstehen plötzlich so viele neue Möglichkeiten des digitalen Miteinanders, die das berufliche Umfeld wirklich bereichern. Einige konnte ich selbst erleben und bin begeistert von der neuen digitalen Herzlichkeit.

 

Zusammenarbeit im Team

Vorgehensweisen, Projekte und Timelines in online Meetings abzustimmen, wird gelebte Realität im Home-Office. Im Moment ist es nicht mehr die Ausnahme, dass ein Mitarbeiter von zu Hause in einem Meeting virtuell zugeschaltet ist, sondern die Mehrzahl der Teammitglieder sitzt am Schreibtisch zu Hause und das Treffen findet virtuell statt. Das meistern die meisten Unternehmen, Abteilungen und Teams erstaunlich reibungslos.

Technik und Struktur sind hier die Schlüsselwörter. Wenn die technischen Voraussetzungen bei jedem Teammitglied gegeben sind und eine Struktur festgelegt wird können Arbeitsprozesse in den meisten Fällen gut weiterlaufen.

 

Virtueller Kollegentalk

Viele Teams arbeiten zum ersten Mal zusammen, ohne sich im Büro zu treffen. Das ist für viele eine enorme Umstellung. Da fehlt schon der kurze morgendliche Austausch bevor jeder an seinen Arbeitsplatz geht. Dieses „Guten Morgen“ und „Wie geht es dir“ bereichert den normalen Büroalltag sehr und gehört zu einem guten Betriebsklima dazu.

Im Remote-Modus sind viele Teams ganz kreativ und entwickeln Ideen, die hier zum Ersatz kommen: vom Monday-Morning Kaffee bis zum Friday-After-Work Meeting. Soziale Nähe, Austausch und das positive „Wir-Gefühl“ im Team kann auch digital entstehen.

 

Eine ganz fantastische Erfahrung war das virtuelle Lunch, an dem ich bei Daniela Heggmaier, erfolgreiche Bloggerin, Schreib- und PR-Expertin, teilnehmen durfte. Wir waren acht Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Berufen und Branchen und kannten uns in den meisten Fällen vorher nicht. Jede*r hatte sein Mittagessen dabei, wodurch schon in der Vorstellungsrunde erste Rezepte ausgetauscht wurden. Beim Austausch zum Thema aktuelles Storytelling haben mich die vielen individuellen und persönlichen Erfahrungen der einzelnen Teilnehmer*innen sehr berührt und tief beeindruckt. Ich hatte wirklich das Gefühl, jeden einzelnen wirklich kennengelernt zu haben. Die Erzählungen habe ich viel intensiver als in den sonst üblichen Präsenz-Meet-Ups wahrgenommen und verinnerlicht. Tatsächlich bin ich schon gespannt, einige aus der Runde dann bald einmal live zu treffen.

 

Kleiner Aufwand, große Wirkung: Einfach mal fragen, wie es geht

Schön finde ich, dass trotz der großen Herausforderungen für jeden einzelnen, viele Kunden, Geschäftspartner und Kollegen einfach einmal fragen, wie es geht.

 

Bei den Digital Media Women e.V., wo ich mich seit einigen Jahren ehrenamtlich für die Sichtbarkeit von Frauen einsetze, arbeiten wir schon lange virtuell zusammen. Egal ob bundesweit, im Münchener Orga-Team oder im Münchener Team Academy – Online-Meetings sind für uns gelebte Realität. Ein schönes Ritual vor jedem virtuellen Treffen ist es, einmal in die Runde zu fragen, wie es jeder geht. Auf diese Weise entsteht auch digital ein echtes Wir-Gefühl, was für mich als Solopreneurin, die als One-Women-Show viel aus dem Home-Office arbeitet, eine richtige Bereicherung darstellt. Über die Zeit ist daraus eine richtige Fellowship entstanden, die ich nicht missen möchte. Deshalb freue ich mich schon bei der Planung und Gestaltung meiner Arbeitswoche auf diese Runde toller Frauen und versuche den Termin, wenn es irgendwie möglich ist, einzuhalten.

 

Auch bei großen Online-Konferenzen ein Wir-Gefühl schaffen

Eine echte Herausforderung als Verein war die diesjährige Mitgliedervollversammlung mit über 50 #DMW. Denn aufgrund der Covid-19 Krise konnte unser im März geplantes bundesweites Orga-Camp nicht live in München stattfinden, sondern wurde ebenfalls in den virtuellen Raum verlegt. Wie unsere Vorstände das professionell umgesetzt haben, könnt ihr im #DMW Blog nachlesen.

Für mich persönlich war das schönste an dieser technischen Höchstleistung, dass neben den formalen vereinsrechtlichen Themen auch emotionale Momente transportiert werden konnten, wie beispielsweise die Antritts- und Dankesreden der neu gewählten und der ehemaligen Vorständinnen. Das war großes Kino und half sehr über den erforderlichen und damit doch recht langen Zeitraum der Versammlung hinweg. 

 

Drei wichtige Tipps für digitale Nähe und ein Wir-Gefühl im Online-Meeting

  • Kennenlernen: Teilnehmer*innen die Möglichkeit geben, Persönlichkeit einzubringen (z.B. kurze Vorstellungsrunde)
  • Teamspirit: Gemeinsamkeiten und Rahmen herstellen (z.B. Verabredung zu einem aktuellen Thema – oder bewußt kollegial zum Montagmorgenkaffee, zum Lunch oder zum Feierabendbier)
  • Ganzheitliche Kommunikation: nicht NUR auf die Inhaltsebene der Kommunikation achten – auch die Beziehungs-, Appell- und Selbstoffenbarungsebene spielen eine Rolle (z.B. eine nette Frage zum Warm-Up in die Runde und Raum für Emotionen geben)

Weiterführende Links zum Thema

Ein Beitrag zum Thema digitaler Nähe und Kollegialität im Harvard Business Review: Es darf auch einfach einmal gefragt werden, wie es anderen Teilnehmer*innen des Online-Meetings geht.
The surprising Power of asking Co-Workers how they are doing by Karyn Twaronite

Gelesen bei www.business-punk.com: Etwas Spaß darf in Online-Meetings auch sein – die Idee einer Tierfarm aus den USA, Tiere gegen Spenden in virtuelle Räume einladen zu lassen, ist eine willkommene Abwechslung und zaubert den Teilnehmer*innen ein Lächeln ins Gesicht.

Weitere hilfreiche Tipps für das Arbeiten in remote Teams aus verschiedenen Perspektiven. Gelesen bei www.upload.de.