Ein Turbo für individuelle und betriebliche Lernprozesse

Anfang des Jahres wurde 2020 vielfach als „Jahr des Lernens“ angekündigt, das eine Dekade neuer Lernformen und -formate einläuten sollte. Denn die betriebliche Weiterbildung wurde als wichtiges Element jedes Unternehmens erkannt und ihre Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit vielerorts hervorgehoben. So weit, so gut. Und dann kam die Corona-Pandemie!

 

Fast unmittelbar waren wir als Gesamtgesellschaft im kompletten Lockdown. Dieser Krisenmodus und die Pandemie bestimmen das Leben jedes einzelnen auch jetzt immer noch sehr stark. Und immer häufiger kommt die Frage nach dem „New Normal“. Was wird für uns an Veränderungen zur neuen Lebensrealität? Welche Aspekte, die in der Krisenbewältigung entstanden sind, sollten wir uns bewahren? Für mich gehört vor allem ein wichtiger Bereich dazu: Lernen zu lernen.

 

Innerhalb kürzester Zeit haben nicht nur ganze Teams und Unternehmen auf die geänderten Rahmenbedingungen reagiert, jede*r einzelne war auf einmal in seiner Lern- und Veränderungsfähigkeit gefragt. Die meisten Bürotätigkeiten wurden in einer bis dato nie vorstellbaren Geschwindigkeit in das Home-Office verlegt, Teams treffen sich virtuell und die Zusammenarbeit klappt auch ohne Präsenz und Anwesenheit 9 to 5. Mein Wunsch an die neue Normalität wäre: bewahren wir uns doch die neue Bereitschaft und Fähigkeit zu lernen und unser Verhalten zu ändern. Dann hat die Pandemie neben allem Negativem auch sehr viel Positives hervorgebracht.

 

Wichtig wäre mir, einmal zu reflektieren, warum auf einmal so viel passiert ist, von dem viele vorher immer behauptet haben, es sei nicht möglich. Meiner Meinung nach sind vor allem folgende Punkte wichtige Komplizen des Lern- und Veränderungserfolges:

 

  • Lernen statt Performen – Trial and Error
  • Machen statt Schnacken – schnelle Lösung statt ewiger Debatte.

Perfektionismus adé – Trial and Error im Aufwind

Meinen Kindern im Grund- und Gymnasialalter erzähle ich es sehr häufig. Eigentlich weiß es jeder, nur wenige handeln danach. Mich selber nehme ich da gar nicht aus: „Aus Fehlern lernt man!“. Und es stimmt, am besten lernen wir aus Fehlern, nur machen möchte sie keiner. Im Business soll alles perfekt sein! Ich möchte jetzt kein Plädoyer für willkürliche Ungenauigkeiten und Unverbindlichkeiten halten, aber einfach zu gelebter Fehlerkultur einladen. Denn gerade in der erlebten Krisensituation war auf einmal Trial and Error erlaubt. Gefragt war auf einmal Pragmatismus und der längst schon in die Jahre gekommene Perfektionismus hatte endlich ausgedient. 

 

Perfektionsmus ade. Ausprobieren, testen und probieren heißt die neue Devise! Learning-by-Doing eroberte endlich auch unsere Unternehmen. Da waren sogar eher vorsichtige Menschen mutig und haben einfach mal ausprobiert, in dem Online-Meeting in den Chat zu schreiben oder den Bildschirm zu sharen. Es ging nicht in erster Linie um eine Performance und Wirkung, sondern darum, schnell neue und praktikable Lösungen zu finden. 

 

Es wirkt sogar sehr sympathisch, wenn nicht alles perfekt klappt, lange einstudiert und inszeniert wird. Ich denke dabei an einen Berater, der mitten in einer Online-Konferenz mit etwa 50 Teilnehmern zeigte, dass er gar nicht in einem Luxus-Aufnahme-Studio sitzt, sondern vor einem selbstgebauten Vorhang im Kinderzimmer sein „Studio“ aufgebaut hat und damit persönliche Nähe zu uns Teilnehmern aufbaut – auch in der virtuellen Welt.

Machen statt Schnacken

Das kennen Sie sicher auch, ein Teammitglied hat eine gute Idee, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann. Und dann kommen die ewigen Bedenkenträger mit Fragen, Einwänden und Hürden. Manchmal zerreden wir Dinge, bis sie sich von selbst erledigt haben. Oder überlegen solange, bis die Chance vertan ist.

 

In der Krisensituation, die wir gerade erleben, ist häufig klar, dass wir bestimmte Dinge – z.B. das Home-Office – für einen bestimmten Zeitraum einfach einmal probieren. Es wird nicht in Stein gemeißelt, sondern für einen definierten Zeitraum gemacht und dann wieder geändert oder nachjustiert. Eigentlich eine gute Vorgehensweise, die sich auch im Kontext von New Work und agilen Methoden häufig wiederfindet und dort die notwendige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit schafft.

 

Zwei zentrale Elemente einer neue Lernkultur im Unternehmen

  1. Fehler erlauben
  2. Anfangen und ausprobieren

 

Wenn wir es schaffen, die Vorgehensweisen, die uns in der Krisen-Situation der Pandemie geholfen haben, unsere Arbeitswelt aufrecht zu erhalten, zu bewahren und in das New Normal zu transportieren, haben wir in den Unternehmen einen Riesenschritt in Richtung echter Lernkultur geschafft.

Lasst es uns einfach machen!